„Es gibt Forschungsaufträge, aber keine Auftragsergebnisse“
„Es gibt Forschungsaufträge, aber keine Auftragsergebnisse“
„Es gibt Forschungsaufträge, aber keine Auftragsergebnisse“
Die Universität der Bundeswehr München nimmt Stellung zu einem am 14.10. in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienenen Artikel - #ProtectTheKids fordert Aussprache mit der SZ-Redaktion
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21. Oktober 2021

Am 14.10. erschien in der „Süddeutschen Zeitung“ ein Artikel unter dem Titel „Viele Luftfilter-Studien von Herstellern gesponsert“, in dem der Erst-unterzeichner unserer Petition für Luftfilter in allen Schulen und Kitas, Prof. Dr. Christian Kähler, wegen angeblicher finanzieller Nähe zu Luftfilter-herstellern unter Beschuss genommen wurde. Auch erweckte das Autorentrio Markus Grill, Leonard Scharfenberg und Berit Uhlmann den Eindruck, als ob der Einsatz mobiler Raumluftreiniger in Klassenräumen unter deutschen Aerosolforschern umstritten sei.

Stellungnahme von Michael Brauns, Pressesprecher der Universität der Bundeswehr in München

Für die Universität der Bundeswehr gab Pressesprecher Michael Brauns ein Statement zu der SZ-Berichterstattung ab, das in der "Süddeutschen" am 15.10. leider aber nur in ihrer Lokalausgabe für München-Land zu lesen war. Hier wird Brauns Statement auszugsweise am Ende eines „Alles nur heiße Luft?“ betitelten Artikel folgendermaßen wiedergegeben:

<<Die Drittmittelforschung ist bei deutschen Universitäten und auch international gang und gäbe. So auch an der Universität der Bundeswehr München", sagt Pressesprecher Michael Brauns. Dabei vergäben Unternehmen, staatliche Einrichtungen oder andere Institutionen einen Forschungsauftrag an einen Wissenschaftler und stellten dafür finanzielle Mittel oder auch Infrastruktur wie Geräte zur Verfügung. Es gebe sogar den in der Wissenschaft verbreiteten Begriff von "Drittmittel-Personal". "Das heißt, das Unternehmen oder die Institution kann auch für einen Forschungsauftrag eingestelltes Personal finanzieren", sagt Brauns. Das alles sei gelebte Praxis in der Wissenschaft. Dies als Nebeneinkünfte zu bezeichnen, sei eine völlige Fehlinterpretation dieser gängigen legitimen Praxis. Die Einhaltung ethischer, rechtlicher und wissenschaftlicher Vorgaben sowie der guten wissenschaftlichen Praxis seien ein wesentliches Element der Qualitätssicherung an der Universität der Bundeswehr.

Brauns sieht auch die Neutralität von Kählers Arbeit gewahrt. "Wissenschaftliche Ergebnisse müssen immer unabhängig sein. Dazu verpflichtet sich jeder Wissenschaftler, auch an der Universität der Bundeswehr München. Und so versteht auch Professor Kähler seine Forschungsarbeit." Nach den Worten Brauns wäre es eine "böswillige Unterstellung" zu behaupten, die Ergebnisse müssten den Erwartungen des Auftraggebers entsprechen. "Es gibt Forschungsaufträge, aber keine Auftragsergebnisse." Dies werde leider manchmal in der Öffentlichkeit nicht zur Kenntnis genommen.>>

„Inkorrekt, verzerrt, einseitig“: #ProtectTheKids kritisiert die SZ-Autoren

Bereits am 14.10 haben wir den SZ Artikel über Prof. Kähler auf Twitter als „z.T. inkorrekt, verzerrt oder einseitig in der Darstellung“ kritisiert (https://twitter.com/_ProtectTheKids/status/1448604832873521159). Da dieser Artikel von Markus Grill, Leonard Scharfenberg und Berit Uhlmann unseres Erachtens wahrlich kein Ruhmesblatt für den Wissenschaftsjournalismus der SZ darstellt, sahen wir es als geboten an, das klärende Statement der Universität der Bundeswehr, das die SZ bedauerlicherweise in einer Lokalausgabe mit geringer Reichweite versteckt hat, hier nochmals publik zu machen.

Ergänzend möchten wir zu dem Statement von Michael Brauns feststellen, dass die SZ-Redakteurin Uhlmann auf Nachfrage selbst einräumte, dass Prof. Kähler die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) aufgestellten Regeln zur Offenlegung von Drittmittelfinanzierung bei seinen Veröffentlichungen eingehalten hat. Trotz dieser attestierten Transparenz lege artis ist dennoch in dem Artikel vom 14.10. zu lesen, Kähler habe bei öffentlichen Auftritten „Interessenkonflikte nicht immer offen[gelegt]“. Damit werden unseres Erachtens aber von der SZ unzulässigerweise Sonderregeln für Wissenschaftler:innen definiert, die sich – wie in einem demokratisch verfassten Gemeinwesen an sich wünschenswert – aus ihrem Elfenbeinturm herausbewegen, um sich in gesellschaftliche Debatten als Experten einzubringen.

Falsch ist die Behauptung der SZ im Vorspann ihres Artikels, Prof. Kähler würde „für etwa zehn Hersteller arbeiten“. Zwar wurde eine Anzahl von Luftfilter-Geräten unterschiedlicher Hersteller in der angegebenen Größen-ordnung analysiert, aber nur wenige, in Kählers Publikationen korrekt entsprechend der DFG-Richtlinien angegebene Firmen haben seine Forschungsarbeiten unterstützt.

Wir fragen uns, ob die SZ-Redaktion einem engagiert für Bildungsbelange eintretendem Buchrezensenten wegen der Überlassung von Rezensionsexemplaren dann auch vorhalten möchte, dass er „für Dutzende Verlage arbeitet“? Eine Richtigstellung hielt die SZ im Falle von Prof. Kähler übrigens bislang bedauerlicherweise nicht für nötig.

„Alles nur heiße Luft?“ Fragwürdige Thesen der SZ über mobile Luftfilter

In dem SZ-Artikel wird ferner der Anschein erweckt, als ob der Einsatz mobiler Raumluftreiniger in Schulen unter Aerosolforschern umstritten sei. Bereits am 14.10. hatten wir auf Twitter deshalb auf das im Juli erschienene DFG-Positionspapier „Coronavirus-Pandemie: Wie lassen sich Infektionen durch Aerosole verhindern?“ (https://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/corona_infos/positionspapier_aerosole.pdf) hingewiesen. Denn das Positionspapier widerlegt diese These der „Süddeutschen“, da sich eine große Zahl von namhaften Experten hier dafür ausspricht, neben raumlufttechnischen Anlagen auch mobile Raumluftreiniger in Schulen einzusetzen – die in der Praxis insbesondere im Winter herrschenden Bedingungen sprechen, wie dem Papier zu entnehmen ist, gegen die vom Umweltbundesamt favorisierte Beschränkung aufs Fensterlüften.

Auch in Bezug auf weitere Punkte des SZ-Artikels von Markus Grill, Leonard Scharfenberg und Berit Uhlmann sehen wir Korrekturbedarf. So wird in dem Artikel der Eindruck erweckt, als würden die handelsüblichen mobilen Luftfilter grundsätzlich zulässige Grenzwerte für Geräuschentwicklung überschreiten. Genannt wird dabei unter Berufung auf eine Mitarbeiterin eines Gesundheitsamtes ein Wert von 35 dB(A). Dieser Wert entspricht jedoch lediglich einer VDI-Empfehlung und liegt tatsächlich so niedrig, dass selbst leises Flüstern ihn überschreiten würde. In der Praxis werden jedoch im Schulbetrieb Luftfiltergeräte, die beim Geräuschpegel unter 50 dB(A) liegen, von Schüler:innen und Lehrkräften kaum als störend empfunden (vgl. hierzu etwa die Ergebnisse der „Stuttgarter Studie“: https://www.stuttgart.de/service/aktuelle-meldungen/juli-2021/studie-mobile-luftreiniger-sind-keine-universalloesung-im-unterricht-stadt-plant-anschaffung-nur-fuer-schlecht-belueftbare-unterrichtsraeume.php.media/229720/2021-07-06-Abschlussbericht_Pilotprojekt_Luftreiniger_Klassenraum_Stuttgart_Finale-Version_06.07.2021.pdf).

Behauptet wurde in dem SZ-Artikel auch, es gebe „bis heute noch keinen Nachweis [..], in welchem Maße die Geräte tatsächlich Infektionen verhindern“. Jedoch konnte ein den SZ-Autoren bekannter, kürzlich von Nature veröffentlichter, unter Fachleuten auf große Beachtung gestoßener Preprint zeigen, dass mobile Luftfilter tatsächlich Sars-CoV-2 aus der Luft beseitigen (https://www.nature.com/articles/d41586-021-02669-2). Und bereits Ende des letzten Jahres veröffentlichte das US-amerikanische Center for Disease Control and Prevention (CDC) Vergleichsergebnisse über Grundschulen in Georgia, bei denen deutlich weniger Neuinfektionen in Schulen auftraten, die sich um Verbesserungen bei der Frischluftzufuhr und Luftfilterung bemühten; am besten schnitten hier Schulen ab, die HEPA-Filter einsetzten (https://www.cdc.gov/mmwr/volumes/70/wr/mm7021e1.htm). Im Einklang mit diesen Ergebnissen empfiehlt das CDC als weltweit wohl anerkannteste der nationalen Gesundheitsbehörden deshalb auch den Einsatz von HEPA-Filtern in Klassenräumen, die nicht durch stationäre Anlagen belüftbar sind (https://schools.forhealth.org/risk-reduction-strategies-for-reopening-schools/healthy-buildings/).

#ProtectTheKids fordert eine Aussprache über den umstrittenen Artikel

Aufgrund der mehr als fragwürdigen Thesen in ihrem Artikel vom 14.10. fordert die Initiative #ProtectTheKids die SZ-Redaktion deshalb auf, sich für eine Aussprache zur Verfügung zu stellen. Denn es ist nicht das erste Mal in der Pandemie, dass wir die Berichterstattung der „Süddeutschen“ als unausgewogen, einseitig oder sogar tendenziös wahrnehmen. Angesichts des derzeitigen kritischen Verlaufs der vierten Welle in den Schulen und Kitas erscheint es uns als ein Ärgernis ersten Ranges, dass ausgerechnet die „Süddeutsche Zeitung“ nun Luftfilter als wirkungsvolle Pandemie-schutzmaßnahme öffentlich schlechtzureden beginnt.

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