Wie die Ständige Impfkommission (STIKO) per Pressemitteilung vom 25.4. bekannt gegeben hat, ist eine Änderung der STIKO-Empfehlungen für die Corona-Schutzimpfung geplant, bei der künftig nur vulnerable Kinder und Jugendliche eingeschlossen sind, gesunde Minderjährige hingegen nicht mehr. Die Initiative #ProtectTheKids appelliert an die STIKO, ihre Empfehlung so zu formulieren, dass weiterhin eine vollständige Corona-Grundimmunisierung für Kinder und Jugendliche als Kassenleistung möglich bleibt.
Unser Statement haben wir auch als Thread auf Twitter veröffentlicht, der mit zusätzlichen Links und Illustrationen versehen ist: https://twitter.com/_ProtectTheKids/status/1656721184883462148
CDC, SIKO, EU: Impfempfehlungen für Kinder und Jugendliche
Mit Blick auf das geplante Änderungsvorhaben der STIKO verweisen wir auf die in den USA gültige Impfempfehlung der dortigen Gesundheitsbehörde CDC, die auch 2023 eine vollständige Grundimmunisierung für Kinder und Jugendliche vorsieht (https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/vaccines/stay-up-to-date.html?CDC_AA_refVal=https%3A%2F%2Fwww.cdc.gov%2Fcoronavirus%2F2019-ncov%2Fvaccines%2Frecommendations%2Fchildren-teens.html). Ebenso wirbt die American Academy of Pediatrics als Vereinigung der amerikanischen Kinderärzte seit Verfügbarkeit des Corona-Impfstoffes dafür, Kinder und Jugendliche damit vor schweren Covid-19-Erkrankungen oder Folgen der Infektion zu schützen. Daran hat sich auch 2023 nichts geändert.
Eine ähnliche Empfehlung wie die CDC hat auch die Sächsische Impfkommission (SIKO) für die Corona-Schutzimpfung von Kindern und Jugendlichen in ihrem letzten Statement vom November 2022 abgegeben (https://www.slaek.de/media/dokumente/patient/gesundheitsinformationen/impfen/2022-11-10-SIKO_Empfehlungen-zur-SARS-CoV-2-Impfung.pdf). Ebenso werden EU-weit in den meisten Ländern weiterhin generelle Corona-Schutzimpfungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche ausgesprochen (https://vaccine-schedule.ecdc.europa.eu/Scheduler/ByDisease?SelectedDiseaseId=52&SelectedCountryIdByDisease=-1). Der STIKO-Plan, dies nun auf vulnerable Minderjährige einzuschränken, entspricht also keineswegs den gängigen internationalen Standards.
126 an Corona verstorbene Kinder: Kein Grund für eine Impfempfehlung?
Impfempfehlungen für Kinder und Jugendliche werden in vielen anderen Ländern gut begründet gegeben, denn auch bei Minderjährigen überwiegt nach Ansicht vieler Mediziner:innen, die sich z.B. in Deutschland auf der Webseite StopFalseBalance.de öffentlich zum Thema geäußert haben, der Nutzen der Impfung gegenüber dem Risiko möglicher Nebenwirkungen. So sind bislang laut RKI-Angaben in Deutschland 126 unter 20-Jährige an Corona verstorben (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Klinische_Aspekte.xlsx).126 Todesfälle sind in dieser jungen Altersgruppe ein relevantes Sterberisiko, dass eine Impfempfehlung durchaus rechtfertigt.
Hinzu kommt, dass sich in Zeiten von Omikron das Sterberisiko nicht verbessert hat – im Gegenteil: 84 Sterbefälle waren allein 2022/23 zu beklagen. Laut Informationssystem der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (https://www.gbe-bund.de) lagen Sterbefälle aufgrund von Covid-19 bei Kindern 2021 noch auf Rang 12 der Einzel-Todesursachen nach ICD-10 Codes. 2022 gehört Corona nun wohl zu den Top 5 der Todesursachen bei Kindern.
Schwere Verläufe bei Kindern: Bedrückende Zahlen aus dem Omikron-Jahr 2022
Aber nicht nur die 126 verstorbene Kinder geben unserer Ansicht nach genug Anlass für eine Impfempfehlung, sondern auch die zu hohen Zahlen der wegen Covid-19 hospitalisierten Kinder. So lag die Zahl der im Krankenhaus behandelten unter 5-jährigen in der Februar/Märzwelle 2023 deutschlandweit zeitweise bei über 200 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Klinische_Aspekte.html). Während der Covid-19-Wellen des Jahres 2022 mussten noch mehr Kleinkinder im Krankenhaus behandelt werden: Im Frühjahr lag der Spitzenwert bei 472 Hospitalisierungen, im Sommer bei 393, während der Herbstwelle bei 318. Auch bei den 5 bis 14-jährigen wurden laut RKI-Angaben im Jahr 2022 Hospitalisierungszahlen von bis zu 451 Fällen im Spitzenwert während der Omikron-Wellen im Frühjahr erreicht.
Im Jahr 2022 summiert sich so laut den vorliegenden RKI-Angaben (https://raw.githubusercontent.com/robert-koch-institut/COVID-19-Hospitalisierungen_in_Deutschland/master/Aktuell_Deutschland_COVID-19-Hospitalisierungen.csv) die Zahl der Corona-positiv hospitalisierten Unter-15-jährigen auf eine hohe Zahl von insgesamt rund 20.000 Kindern. Andere Angaben legen nahe, dass die Summe der hospitalisierten Kinder 2022 sogar noch höher gelegen hat: Laut der Datenbank des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK, https://datenbrowser.inek.org) wurden knapp 50.000 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahren behandelt, die Corona-positiv getestet waren. Die Zahl der coronapositiven Kinder- und Jugendlichen bis 15 Jahren, die auf einer Intensivstation behandelt werden mussten, lag der InEK-Datenbank zufolge im Jahr 2022 insgesamt bei 2783.
In der Abwägung der Zahlen von 2022 überwiegen weiterhin die Impfvorteile
Angesichts mehrerer Zehntausend an Covid-19 schwer erkrankten Kindern im Jahr 2022, bei denen es sich keineswegs nur um Vorerkrankte gehandelt hat, erscheint uns die STIKO-Begründung für einen Verzicht auf eine Impfempfehlung bei gesunden unter 18-jährige nicht nachvollziehbar. Denn angeführt wird in der Pressemitteilung vom 25.4. ja als Grund eine „Seltenheit schwerer Verläufe“ (https://www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/PM_2023-04-25.html), die wie dargelegt so nicht gegeben war.
Hinweisen möchten wir in diesem Zusammenhang auch auf die neue Veröffentlichung in dem Fachjournal „Vaccines“ unter dem Titel „A Methodological Framework for Assessing the Benefit of SARS-CoV-2 Vaccination following Previous Infection: Case Study of Five- to Eleven-Year-Olds“ von Christina Pagel et al., die mit Blick auf Großbritannien nach Abwägung der verschiedenen aktuell noch relevanten Faktoren zu dem Schluss kommen, dass es weiterhin einen "deutlichen Nachweis für einen Vorteil" der Impfung von Kindern gibt (https://mdpi.com/2076-393X/11/5/988/htm).
Für eine Impfung - auch von Kindern und Jugendlichen - spricht neben den schweren Verläufen, die aus den Krankenhauszahlen 2022 hervorgehen, auch die durch Studien begründete Annahme, dass damit das Risiko für Folgeerkrankungen wie Long Covid reduziert wird. In diesem Sinne argumentierte z.B. die Charité-Expertin Dr. Bellmann-Strobl in einer neuen Folge des NDR-Podcasts „Coronavirus Update“ (https://www.ndr.de/nachrichten/info/Corona-Podcast-Post-Covid-noch-immer-eine-Blackbox,coronavirusupdate256.html). Auch andere Expert:innen haben sich hier ähnlich geäußert.
Corona-Impfschutz muss für alle Kinder und Jugendliche leicht zugänglich bleiben
Die Initiative #ProtectTheKids bittet deshalb die STIKO, ihren kürzlich veröffentlichte Vorschlag, bei Kindern und Jugendlichen keine allgemeine Empfehlung mehr für Corona-Schutzimpfungen zu geben, zu überarbeiten. Bei einer Streichung der bisherigen Empfehlung wären auch die praktischen Folgen mitzubedenken: Auf Familien, die ihre Kinder weiterhin impfen wollen, kämen dann nicht nur zusätzliche Kosten zu, sondern vermutlich gerieten sie auch Schwierigkeiten, überhaupt Ärzte zu finden, die zu einer Impfung noch bereit sind.
Es ist bei der Formulierung der STIKO-Impfempfehlung deshalb Sorge zu tragen, dass in Deutschland weiterhin allen Minderjährigen ein kostenloser vollständiger Corona-Impfschutz zugänglich bleibt. Auch künftig sollten alle Kinder und Jugendliche die Corona-Schutzimpfung als Kassenleistung beim Hausarzt erhalten können, wenn ihre Eltern das wünschen. Wir appellieren an die STIKO, ihre neue Empfehlung so zu formulieren, dass dies weiter gewährleistet bleibt.
#ImpfenSchützt: #ProtectTheKids